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Oliver Reiser
Kein anderes Medikament ist aufgrund fahrlässiger Anwendung für so viele Todesfälle verantwortlich wie Viagra, dennoch scheint es sich als Lifestyle Droge zu etablieren. Wie wäre es denn mit Knoblauch als Alternative?
In Italien erleidet ein Mann einen Herzinfarkt, nachdem ihm seine Ehefrau zwei Tabletten Viagra® in den Wein gemischt hatte. Während dieser Mann gerettet werden konnte, hatte ein anderer aus Rom weniger Glück: Er verstarb an Herzversagen nach einer Überdosis Viagra®. Nur zwei Fälle im Januar 2007 die deutlich machen, dass immer mehr zu dem wohl mittlerweile berühmtesten Medikament der heutigen Zeit ohne Kenntnis der bei unsachgemäßer Anwendung damit verbundenen Risiken greifen. Und gerade bei jungen Männer steigt der Trend, sich Viagra® ohne Rezept und ärztliche Beratung zu besorgen.
Der Test des Wirkstoffs Sildenafilcitrat für koronare Herzerkrankungen war eine Enttäuschung: In klinischen Tests zeigte sich nicht die gewünschte Wirkung, so dass die Studie abgebrochen wurde. Auffällig war jedoch, dass die Probanden, die das Medikament testeten, ihre angebrochenen Tablettenschachteln nicht zurückgaben. Bei näherer Untersuchung stellte sich schnell heraus, dass Sildenafilcitrat als Erektionsverstärker bei Männern wirkte: Viagra® war geboren, das nach einem revolutionären Mechanismus wirkende Medikament zur Behandlung von psychisch und organisch bedingter erektiler Dysfunktion. Man schätzt, dass etwa 5 Millionen Männer in Deutschland und etwa 140 Millionen Männer weltweit hiervon betroffen sind.
Es klingt im ersten Moment widersinnig: Eine Erektion wird durch eine Muskelentspannung erreicht, genauer gesagt durch die Entspannung der in den Blutgefäßen befindlichen glatten Muskulatur, die nicht, wie etwa die Skelettmuskeln, gezielt betätigt werden können. Die glatte Muskulatur der Arterien eines erschlafften Penis ist zusammengezogen, so dass kein Blut in die Schwellkörper eindringen kann. Zwar kennt man viele Wirkstoffe, die die gesamte Muskulatur entspannen, doch ist man natürlich nur an einer selektiven Wirkung an der glatten Muskulatur am Penis interessiert. So erreichte während eines Urologenkongress der Arzt Dr. Giles Brindley 1983 in einem Selbstversuch eine Erektion dadurch, dass er sich das normalerweise unselektiv wirkende Phentolamin direkt in den Penis spritzte und den Erfolg seines Experiments auf der Bühne den anwesenden Kongressteilnehmern durch Herunterlassen seiner Hosen bewies.
Viagra® dagegen kann als Tablette geschluckt werden und wirkt dennoch recht spezifisch nur auf die Erektion des Penis, genauer gesagt auf den Erhalt der Erektion. Das initiale Signal zur Relaxation der glatten Muskulatur des Penis muss zunächst vom Gehirn kommen - jawohl, das wird auch gebraucht -, so dass ohne eine entsprechende sexuelle Stimulation Viagra® keine Wirkung zeigt. Das Signal des Gehirns wird an in Arterien befindliche Nervenzellen weitergegeben, wodurch Stickstoffmonoxid (NO) in die umliegenden Blutgefäße freigesetzt wird. Stickstoffmonoxid stimuliert das Enzym Guanylatcyclase, das den Botenstoff cyclo-Guanosinmonophosphat (cGMP) produziert, der nun die Relaxation der glatten Muskulatur bewirkt: Blut kann in verschiedene Bereiche des Körpers, unter anderem in die Schwellkörper des Penis eindringen und es kommt zur Erektion.
In diese Maschinerie greift nun ein weiteres Enzym ein, die so genannte Phosphordiesterase (PDE): Diese baut cGMP ab, wodurch sich die glatte Muskulatur wieder zusammenzieht, damit das Blut aus den Schwellkörpern herausgedrückt wird und der Penis erschlafft. Sildenafilcitrat hemmt die Phosphordiesterase, als Folge davon wird das cGMP langsamer abgebaut und die Erektion bleibt länger erhalten (zum Starten der Animation links die Graphik anklicken) .
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