>
Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

Nobelpreis 2010 für Chemie Italiano

von Oliver Reiser

Der diesjährige Nobelpreis für Chemie geht erneut in das Gebiet der Katalyse: Palladium-katalysierte Kreuzkupplungen gehören zu den weit verbreitesten Reaktionen der Organischen Chemie. © Chemie-im-Alltag 2010.

PalladiumkatalysatorBereits zum dritten Mal innerhalb der letzten 10 Jahre wird der Nobelpreis für Chemie auf dem Gebiet der Katalyse zur Synthese von organischen Molekülen vergeben und würdigt damit chemische Verfahren, die besonders Ressourcen schonend sind und wenig Abfall produzieren. Nach 2001 (asymmetrische Katalyse) und 2005 (Metathese) wird in diesem Jahr die Entwicklung von Palladium-katalysierten Kreuzkupplungen ausgezeichnet, eine Methode, die Ende der sechziger und in den siebziger Jahren in ersten Beispiele entwickelt wurden, aber erst in den letzten 10 Jahren ihre weite Verbreitung gleichermaßen in akademischen wie in industriellen Laboratorien gefunden hat.

Kohlenstoffgerüste - das Gebäude der Organischen Chemie

Die ungeheure Vielfalt von chemischen Molekülen beruht vor allem auf der Eigenschaft des Elements Kohlenstoff, komplexe, dreidimensionale Gerüste beliebger Größe aufzubauen. Die Moleküle unserer Lebens wie DNA oder Proteine, Arzneistoffe wie Antibiotika oder Antikrebsmittel, oder Polymere wie das in der Elektronikindustrie verwendete Polyacetylen zeichnen sich durch höchst unterschiedliche Verknüpfungen von Kohlenstoffatomen aus. Während die Natur eine Reihe von hoch spezialisierten Enzymen zur Knüpfung von Kohlenstoff-Kohlenstoffbindungen nutzt, haben Chemiker hierfür eine Vielzahl von im Labor anwendbaren Reaktionen entwickelt. Reaktionen, die sich möglichst für eine große Zahl verschiedener Moleküle eignen und darüber hinaus wenig Abfallstoffe produzieren, sind dabei besonders wertvoll.

Palladium-katalysierte Kreuzkupplungen

KreuzkupplungDie Verknüpfung von zwei verschiedenen Kohlenstoffbausteinen - Kreuzkupplung - ist der direkteste Weg zum Aufbau von Kohlenstoffgerüsten. Eine Reaktion zwischen aromatischen oder vinylischen Halogeniden und einem geeignet aktivierten zweiten Kohlenstoffbaustein ist in Gegenwart von Palladiumkatalysatoren unter besonders milden Bedingungen möglich. Dabei gibt es zwei konzeptionell unterschiedliche Kupplungsreaktionen hinsichtlich des zweiten Kohlenstoffbausteins: Zum einen gelingt die Kupplung mit Alkenen (1), alternativ kann mann so genannte Organometallverbindungen nutzen (2), wobei das in letzteren enthaltene Metall in weiten Bereichen variiert werden kann.

Die Nobelpreisträger und ihre Entdeckungen im historischen Kontext

Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre veröffentlichte Richard F. Heck, damals Industriechemiker bei Hercules Inc. in Delaware, seit 1971 Professor an der Universität Delaware, USA, eine Serie von wissenschaftlichen Arbeiten, die sich mit Palladium-katalsierten Reaktionen zum Aufbau von Kohlenstoffgerüsten beschäftigte. Insbesondere beschrieb er die Kupplung (1) mit Alkenen, die heute als Heck-Reaktion oder auch Heck-Mizoroki-Reaktion bekannte Variante in einer ersten Veröffentlchung im Jahr 1972. Denn im Jahr zuvor beschrieb auch der schon früh verstorbene Japaner Tsutomi Mizoroki, Tokyo Institute of Technology, diesen Reaktionstyp, verfolgte diese Entdeckung aber nicht weiter. Gleichzeitig beschrieb Heck aber auch schon indirekt den Kupplungstyp (2), allerdings mit sehr giftigen und schlecht handhabaren Organoquecksilberverbindungen und ausgehend von einer anderen Oxidationsstufe des Palladiumkatalysators. 1972 wurde dann eine Nickel-katalysierte Kreuzkupplung von Grignard-Reagenzien mit Aryl- und Alkenylhalogeniden von M. Kumada, K. Tamao und R. Corriu (heute bekannt als Kumada-Kupplung) berichtet, die ebenfalls große Bedeutung in der Organischen Synthese erlangt hat. Die hierzu analoge Variante mit Palladium beschrieb dann 1975 S. Murahasi. Die Japaner Eichi Negishi, Professor an der Purdue Universität in USA, und Akira Suzuki, Professor an der Hokkaido Universität in Japan, beschrieben Ende der siebziger Jahre den Kupplungstyp (2) mit den praktisch ungiftigen Organozink- (Negishi-Kupplung) und Organoborverbindungen (Suzuki-Miyaura-Kupplung; in Anerkennung der Verdienste von Norio Miyaura, zum Zeitpunkt der Entdeckung Assistenzprofessor bei Prof. Suzuki und Co-Autor auf den ersten Veröffentlichungen trägt die Reaktion auch seinen Namen). Die breite Variabilität und Robustheit auch in großtechnischen Anwendungen macht letztere zwei Varianten zu den heute meist genutzten vom Kupplungstyp (2).

> > > Teil 2: Die Tragik um die Stille Kupplung

 

 

Artikel zum Thema:
Katalyse - was ist das? | Nobelpreis Chemie 2008 | Nobelpreis Chemie 2007 | Nobelpreis Chemie 2006 | Nobelpreis Chemie 2005 | Nobelpreis Chemie 2004 | Nobelpreis Chemie 2003 | Nobelpreis Chemie 2002 | Nobelpreis Chemie 2001