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Oliver Reiser
Kann der Verzehr von Wassermelonen die Potenz steigern? Eine neue Studie des Texas A&M Agri-Forschungszentrums kommt zu diesem Ergebnis, dessen biochemische Grundlagen jedoch schon lange bekannt sind.
Was gibt es schöneres im Sommer zur Erfrischung als den Verzehr einer Wassermelone? Doch hätten Sie gedacht, dass hierdurch - der Verzehr großer Mengen vorausgesetzt - gleichzeitig bei Männern ein ähnlicher Effekt wie durch Viagra® ausgelöst werden kann? Dies behauptet jedenfalls eine am Texas A&M Agri-Forschungszentrum durchgeführte Studie, und in der Tat ist der durch Wassermelonen ausgelöste, Potenz steigernde Effekt auf biochemischer Ebene durchaus plausibel.
Die in den Schalen und im Fruchtfleisch vorhandene Aminosäure Citrullin scheint die Schlüsselsubstanz zu sein, die den potentzsteigernden Effekt der Wassermelone begründen könnte. Im menschlichen Körper wird Citrullin durch Enzyme zu der Aminosäure Arginin umgebaut, die dann zum größten Teil zu Ornithin und Harnstoff weiterreagiert. Dies sind Schlüsselschritte im so genannten Harnstoffzyklus, der im menschlichen Körper zum Abbau stickstoffhaltiger Produkte, vor allem von Ammonium abläuft – hier wird Citrullin zunächst durch Reaktion von Ornithin, Ammoniumhydrogencarbonat und ATP als Energielieferant hergestellt. Als eine Nebenreaktion, ausgelöst durch weitere Enzme, so genannte NO-Synthasen, findet aber auch eine Oxidation von Arginin zurück zu Citrullin statt, bei der Stickstoffmonoxid (NO) freigesetzt wird. All das ist schon lange bekannt, so dass das Aufsehen, das diese Studie nun erregt, meines Erachtens nicht gerechtfertigt ist.
Eine Erektion des Penis wird durch eine Muskelentspannung erreicht, genauer gesagt durch die Entspannung der in den Blutgefäßen befindlichen glatten Muskulatur, die nicht, wie etwa die Skelletmuskeln, gezielt betätigt werden können. Die glatte Muskulatur der Arterien eines erschlafften Penis sind zusammengezogen, so dass kein Blut in die Schwellkörper eindringen kann. Stickstoffmonoxid stimuliert das Enzym Guanylatcyclase, das den Botenstoff cyclo-Guanosinmonophosphat (cGMP) produziert, der die Relaxation der glatten Muskulatur bewirkt: Blut kann in verschiedene Bereiche des Körpers, unter anderem in die Schwellkörper der Penis eindringen und es kommt zur Erektion.
Die Produktion von NO - und damit indirekt der Verzehr von Wassermelonen - steht am Anfang einer Enzymkettenreaktion, die eine Erektion bewirkt. Viagra® greift dagegen am Ende der Enzymkette, in die Terminierung der Erektion ein. Für eine Animation des Enzymkreislaufs rechts die Graphik anklicken, für eine detaillierterte Erklärung gibt es den Artikel Knoblauch statt Viagra in diesem Portal.
Bevor Sie jetzt den verstärkten Konsum von Wassermelonen beginnen: Um den gewünschten Effekt zu erreichen, müssten Sie Unmengen davon verspeisen, mit den unvermeidlichen Nebenwirkungen der Aufnahme einer hohen Wassermenge, die der Körper natürlich auch wieder los werden will. Interessant ist aber die Überlegung, ob man das Wirkprinzip von Citrullin zur Entwicklung neuer Potenz-steigender Mittel nutzen könnte. Insbesondere wenn es gelänge, Analoga von Citrullin herzustellen, die im Körper gespeichert über eine längere Zeit und als Hauptreaktion NO abgeben würden, könnte eine interessante Alternative zu Viagra® entwickelt werden.
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