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Oliver Reiser

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Bioethanol - klimafreundlich und ethisch vertretbar? English Italiano

Oliver Reiser

Bioethanol wird als grüne Treibstoffalternative gepriesen. Doch neben ethischen Problemen wird zunehmend auch dessen Klimafreundlichkeit in Zweifel gezogen. © Chemie-im-Alltag 2007.

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Bioethanol - eine klimafreundliche Treibstoffquelle?

Pflanzen bestehen aus verschiedenen Kohlenhydraten, doch nicht alle lassen sich für die Gewinnung von Ethanol verwenden. Cellulose, der Hauptbestandteil von Holz, ist aufgrund seiner Struktur zu stabil für enzymatische oder chemische Abbauprozesse und daher als Ausgangsstoff für Ethanol nicht geeignet. Stärke, der Hauptbestandteil von Mais, Kartoffeln oder Getreide, kann enzymatisch zu vergärbaren Zuckern abgebaut werden. Letzere können auch direkt aus Zuckerrohr, Zuckerrüben oder Zuckerhirse gewonnen werden.

Es klingt also wie die ideale Lösung für eine in ihrem Kohlendioxidausstoß neutrale Produktion von Treibstoffen: Für das Wachstum von Zucker-produzierenden Pflanzen wird Kohlendioxid aus der Luft gebunden, das anschließend wieder beim Verbrennen des Ethanols wieder freigesetzt wird. Doch bei näherem Hinsehen erkennt man eine ganze Menge von Problemen, die Zweifel an der Klimafreundlichkeit von Bioethanol aufkommen lassen:

(1) Cellulose, ein Hauptbestandteil jeder Pflanze (Stamm, Blätter), läßt sich noch nicht in effizienter Weise zu Ethanol umwandeln. Nur der Stärkeanteil, also in der Regel die Frucht der Pflanze, kann mit Hilfe von Hefeenzymen zu Ethanol fermentiert werden.
(2) Bei der enzymatischen Vergärung werden nur etwa zwei Drittel des Zuckers tatsächlich in Ethanol umgewandelt, ein Drittel wird direkt wieder zu Kohlendioxid umgesetzt und in die Atmosphäre entlassen.
(3) Der Ernteprozess sowie der Transport des Ernteguts zur Raffinerie benötigt anteilig gemessen am Ertrag einen signifikant höheren Anteil im Vergleich zur Erdölförderung. So kann man Ethanol im Gegensatz zu Erdöl nicht in Pipelines transportieren, da eindringendes Wasser - etwas, was nicht zu verhindern ist - sich mit Ethanol mischt und es somit unbrauchbar macht. Erdöl dagegen mischt sich nicht mit Wasser, so dass man letzteres mit dem im Labor gut bekannten Prinzips des Scheidetrichters einfach abtrennen kann.

Nichtdestotrotz wäre unter diesen Aspekten allein die Gewinnung von Bioethanol vernünftig und würde zur Reduktion des Klimagases Kohlendioxid beitragen. Darüber hinaus versprechen in der Entwicklung befindliche Verfahren zur Nutzung von Cellulose aus Holz, Pflanzenstämmen oder Blättern erstrebenswerte Alternativen, die nicht mit Nahrungsproduktion in Konkurrenz treten würden.

Der Faktor Stickstoff

Doch damit eine Pflanze wachsen kann, muss der Boden gedüngt werden. Hierfür werden Düngemittel auf Nitratbasis verwendet, was gleich in zweifacher Hinsicht ein Problem ist. Zum einen müssen diese Düngemittel hergestellt werden. Hierzu wird zunächst Stickstoff aus der Luft in Ammoniak mittels des mehrfach mit Nobelpreisen ausgezeichneten Haber-Bosch Verfahrens umgewandelt. Dieser Anfang des letzten Jahrhunderts entwickelte Prozess, der die moderne Landwirtschaft mit großen Ernteerträgen erst möglich gemacht hat, benötigt aber damals wie heute ungeheure Energiemengen, etwa 1-2 % des Weltenergieverbrauchs! Um weitere Flächen für die Landwirtschaft zu erschließen bzw. Erträge noch weiter zu steigern, wird aber auch eine verstärkte Düngung und damit erhöhte Produktion von Ammoniak nötig werden.

> > > Teil 3: Distickstoffoxid - schädlicher für das Klima als Kohlendioxid!

 

Bildquelle
Zuckerrübe
(Markus Hagenlocher aus Wikimedia Commons)

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