Oliver Reiser

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Haarige Reaktionen – die Chemie auf unseren Köpfen [Teil 3]

von Verena Niebler

Die Inhaltsstoffe von Haarfärbemitteln

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Und als ob die Unterscheidung der Färbeverfahren nach temporär, semipermanent und permanent nicht schon verwirrend genug wäre, wird’s jetzt erst richtig kompliziert. Der Haken an der ganzen Sache ist nämlich, dass sich die Industrie nicht nach der chemisch und biologisch korrekten Unterscheidung der Farbstoffe richtet, sondern ihre Produkte nach eigenem Gutdünken in „Tönungen“, „Intensivtönungen“ und „dauerhafte Colorationen“ bzw. „Haarfärbungen“ einteilt. Heute findet man in allen drei Kategorien die eigentlich permanenten Oxidationshaarfarben. In den einzelnen Inhaltsstoffen gibt es dann allerdings doch Unterschiede.

Die verwendeten Farbstoffe beim Haare färben

Mit Haarfärbemitteln auf der Basis von Oxidationshaarfarben lässt sich das Haar in nahezu jeden gewünschten Farbton einfärben, dabei kann man auch starke Grauhaaranteile überdecken. Ein Nachteil ist, dass es bei porösem, saugfähigem Haar leicht zu unerwarteten Farbverschiebungen kommen kann. Die Haarfärbemittel enthalten meist primäre aromatische Diamine, Aminophenole, Polyphenole und aromatische Alkohole. Fast sämtliche moderne Haarfarben enthalten als Farbmittelvorprodukte u.a. 2,5-Diaminotoluol, das allein von hellblond bis tiefbraun färben würde.

Den Färbecremes werden oft Nuancierfarbstoffe zugemischt, die den Ton der Grundfarbe verändern. Dazu kommen entweder Kupplungs- und Farbstabilisatoren oder fertige direktfärbende Farbstoffe, häufig Nitro- und Azofarbstoffe. Außerdem enthalten die Haarfärbemittel Alkalisierungsmittel, die der Quellung der Schuppenschicht dienen. Stabilisatoren verhindern die vorzeitige Oxidation des Produktes bei der Lagerung. Darüber hinaus sind organische Lösungsmittel enthalten: Meist sind es alkalische Lösungsvermittler, die das Eindringvermögen beschleunigen oder hemmen. Auch Tenside werden oft dazugegeben. Zur Herstellung der Trägermasse benötigt man noch Verdickungsmittel mit günstiger Viskosität, die das Abtropfen erschweren. Parfümöl soll zudem den Ammoniakgeruch mildern. Hinzu kommen Farbentwickler, damit die Farbvorstufen zum entgültigen Farbmittel oxidiert werden. Dies sind meist wässrige Lösungen von Wasserstoffperoxid oder feste Addukte in Pulverform.

Haartönungen

Während die Haarfärbemittel eigentlich auf 100% weißes Haar eingestellt sind und nur bei dieser Anwendung die der Nuance entsprechende Färbung bewirken, erreicht man mit Haartönungsmitteln ausschließlich eine Nuancierung der Naturhaarfarbe, meist ohne Abbau der Naturpigmente. Der Farbton setzt sich also additiv aus der Eigenfarbe und der Tönungsfarbe zusammen. Die Deckkraft auf weißem Haar ist demnach gering, aber mit kräftigen Tönungsmitteln lässt sich auch leicht ergrautes Haar gleichmäßig überdecken. Die Zusammensetzung von Haartönungen und Intensivtönungen hat sich im Laufe der Zeit geändert: Früher wurden nur direktziehende temporäre Farbstoffe verwendet, während man heute in vielen Produkten auch permanente Oxidationsfarben findet. Eine verbindliche Unterteilung dieser beiden Kategorien ist nicht möglich, da selbst zwischen den verschiedenen Tönungsserien eines Herstellers Unterschiede in Zusammensetzung, Anwendung, Farbintensität sowie Haftfestigkeit bestehen. Mögliche farbgebende Inhaltsstoffe sind direktziehende Farbstoffe, Farbmittelvorstufen, die durch Luft zu Farbmitteln oxidieren oder Vorprodukte von Oxidations-haarfarben, die mit Wasserstoffperoxid entwickelt werden müssen.

 

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