von Prof. Oliver Reiser
Sind Chemiebücher immer langweilig? Der Cartoon-Chemiekurs Chemie macchiato findet die richtige Mischung aus Information und Unterhaltung
Chemie ist eine faszinierende und spannende Wissenschaft - nur ist es gar nicht so leicht, das auch jedem zu vermitteln. Ich hoffe, es macht Ihnen Spaß, in diesem Portal den einen oder anderen Artikel über chemische Vorgänge im Alltag zu lesen. Hieraus erfährt man jedoch stets nur einen kleinen Ausschnitt aus einem chemischen Sachverhalt. Um ein solides Wissen über die Grundlagen der Chemie zu erhalten, ist aber das Durcharbeiten eines Lehrbuchs notwendig, und das ist in der Regel eine trockene Angelegenheit.
Einen gelungen Weg, chemische Grundlagen unterhaltsam darzustellen, geht das Buch Chemie macchiato. Was es von konventionellen Büchern abhebt sind die vielen Cartoons, die teils zur Auflockerung, teils aber auch in geschickter Art und Weise Zusammenhänge der Chemie mit durchdachten Bildern plastisch nahe bringen. Durch das Buch führen die die personifizierten Laborgeräte Destillato, Kolbi und Reagenzia, die mit lockeren Kommentaren die in 11 Kapiteln durchgenommenen Themen - Atommodelle und Periodensystem, Chemische Formeln und Reaktionen, Energie & Entropie und chemisches Gleichgewicht, Säuren und Basen, Redoxreaktionen und schließlich Organische Chemie - begleiten.
Doch das Buch versucht, noch einen Schritt weiter zu gehen: Auch Moleküle werden personifiziert und so chemische Sachverhalte mit menschlichen Situationen verglichen. So werden chemische Reaktionen durch Zusammenstöße in den vom Rummelplatz bekannten Autoscootern verdeutlicht, die Elementgruppen des Periodensystems bilden die verschiedenen Stimmen eines Chores, und der heilige Carbonium hält das Buch des Lebens. Die Illustrationen von Klaus Müller, die das ganze Buch durchziehen, sind so ansprechend, dass man auch einfach Spaß daran hat, in der Tat wie in einem Comic die Bilder zu verfolgen, um dann dazu ausgewählte Texte zur Vertiefung zu lesen.
Chemie als Comic - kann das ohne Abstriche an der inhaltlicher Qualität funktionieren? Den Autoren des vorliegenden Buchs - den Gymnasiallehrern Johanna Lederer-Gamberger und Kurt Haim - ist es besonders hoch anzurechnen, dass die dargestellten chemischen Sachverhalte korrekt wiedergegeben sind, und so die Gratwanderung zwischen Unterhaltung und notwendiger Exaktheit gelungen ist. Auch der Inhalt ist gut gewählt: Die wichtigsten Themen der anorganischen und - allerdings sehr eingeschränkt - der organischen Chemie auf Schulniveau werden kompetent dargestellt und schaffen so ein gutes Grundlagenverständnis. Vertiefende Informationen in sehr guter Qualität und Umfang zu den Kapiteln kann man im Internet kostenfrei herunterladen. Chemie macchiato ist kein Lehrbuch, schon gar nicht für Studenten, doch werden die wichtigsten Konzepte sehr gut vermittelt, ohne sich in Details, die für eine erste Begegnung mit der Chemie nicht nötig sind, zu verlieren.
Schülern und auch Studenten kann ich das Chemie macchiato daher vorbehaltlos empfehlen - nicht als Ersatz für ein Lehrbuch der Chemie, aber als gelungene Ergänzung, sich mit chemischen Grundlagen auf unterhaltsame und daher einprägsame Weise vertraut zu machen, oder bereits Gelerntes aus einem neuen Blickwinkel zu wiederholen.
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