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Oliver Reiser

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Explosion im Chemieinstitut der Universität Mulhouse

von Prof. Oliver Reiser

Ein hochexplosives Ethylen-Luftgemisch wird als Ursache vermutet für den Laborunfall, bei dem ein Professor ums Leben kam und eine Praktikantin schwer verletzt wurde.

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Ethylen-Luftgemisch – Ursache für die Explosion in Mulhouse?

Natürlich könnte ein Gasgemisch aus Ethylen und Luft für die Explosion im Mulhouse verantwortlich sein. Doch reicht der bloße Kontakt von Ethylen und Luft nicht aus, um eine Explosion auszulösen. Das Gasgemisch muss gezündet werden, wofür ein elektrischer Funken oder eine offene Flamme nötig ist. Wir demonstrieren dies jedes Jahr in unserer Grundvorlesung Organische Chemie. Die Druckwelle der Explosion des in dem nebenstehend gezeigten Luftballon, der mit Ethylen / Sauerstoff 1:1 gefüllt wurde, ist noch bis etwa zur 10. Hörsaalreihe zu spüren, der Knall wird im gesamten Hörsaalgebäude gehört.

In Chemielaboren, in denen mit organischen Substanzen wie Ethylen gearbeitet wird, werden daher offene Flammen unter allen Umständen vermieden, und elektrische Geräte – Lichtschalter, Kühlschränke – sind alle explosionsgeschützt, also so gesichert, dass eine Funkenbildung nicht auftreten sollte.

Weiterhin sind Chemielabore mit Abzügen ausgestattet, die mit großer Saugleistung die Luft in den Abzügen, aber dadurch auch die Luft im Labor absaugen. Die darüber hinaus vorgeschriebenen Brandschutztüren verschließen die Labore effektiv und verhindern, dass sich dort austretende Gase im Gebäde verteilen. Es ist daher für mich nicht offensichtlich, wie sich eine so große Menge an Ethylen in dem Labor ansammeln konnte, die eine so verheerende Explosion auslösen konnte.

Ein Leck in der Ethylengasflasche?

Ein Leck in der Stahlflasche, in der das Ethylengas aufbewahrt wurde, ist ebenfalls ungewöhnlich. Solche Stahlflaschen – im Laborjargon wegen ihrer Form und nicht etwa wegen einer von ihnen ausgehenden Gefahr auch Bomben genannt - sind ausgesprochen stabil und werden in regelmäßigen Abständen vom TÜV überprüft. Ein plötzlich auftauchender Riss ist daher fast undenkbar, und wenn ein solcher Riss schon länger vorhanden gewesen wäre, hätte man dies sicher bemerkt: Ethylen hat nämlich einen sehr typischen, süßlich unangenehmen Gasgeruch, auf den jeder Chemiker sofort aufmerksam werden würde. Die Geruchsschwelle für Ethylen ist außerordentlich gering, schon 0.02 Vol% in der Luft sind ausreichend. Da die Ethylengasflasche auch unversehrt gefunden wurde, ist dies meines Erachtens ebenfalls ein Hinweis darauf, dass die Flasche in Ordnung war.

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