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Oliver Reiser

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Sperre für Evi Sachenbacher-Stehle

von Prof. Oliver Reiser

Die Winterolympiade 2006 in Turin beginnt mit einer Hiobsbotschaft: "Schutzsperre" für Evi Sachenbacher-Stehle

SkiläuferinDie Skilangläuferin Evi Sachenbacher-Stehle, Olympiasiegerin 2002 und Medaillienhoffnung in Turin, wurde aufgrund eines zu hohen Hämoglobinwertes von 163 g/l (erlaubt bei Frauen 160, bei Männern 170; die Werte werden oftmals als gramm pro deziliter (100 ml) angegeben, also 163 g/l = 16.3 g/dl), mit einer fünftägigen Schutzsperre belegt. Hätte diese Entscheidung Bestand, könne sie am Sonntag an der Doppelverfolgung nicht teilnehmen. Die Grenzwerte für Hämoglobin sind in Fachkreisen heftig umstritten: so gilt für die Biathlonläufer ein Grenzwert von 17.5, eine Logik ist hier nicht zu erkennen.

Dopingverdacht aufgrund zu hoher Hämoglobinwerte?

Was sich hinter dem zum Wohle des Sportlers klingenden Satzes "Schutzsperre aufgrund zu hoher Hämoglobinwerte" verbirgt, ist natürlich der Verdacht des Blutdopings, also der Einnahme von Substanzen, um die Zahl der roten Blutkörperchen und damit die bessere Sauerstoffaufnahme des Bluts zu verbessern. Doch kann man auch aufgrund genetischer Veranlagung zu hohen Hämoglobinwerten neigen. Sportler, die zu hohe Werte über Jahre hinweg nachvollziehbar dokumentieren können, erhalten Ausnahmegenehmigungen, so auch für diverse Sportler in Turin bereits geschehen. Auch Evi Sachenbacher-Stehle kämpft seit Jahren mit zu hohen Hämoglobinwerten, unregelmäßig ausgelöst durch Training in der Höhe, doch will man ihr jetzt eine Ausnahmegenehmigung verwehren. Ein Dopingtest auf Epo soll Klärung bringen, doch werden die Ergebnisse nicht vor Montag, also erst nach dem Rennen, vorliegen.

Dopingtests auf Epo gelten ebenfalls als umstritten, da man sich schwer tat, zwischen im Körper natürlich produziertem Epo und verwandten, unerlaubt eingenommenen Substanzen wie Darbopoietin zu unterscheiden. Doch die moderne analytische Chemie hat Verfahren entwicklert, die das so genannte Blutdoping eindeutig nachweisen können, geschehen bei der letzten Winterolympiade im Fall von Johann Mühlegg. Lesen Sie hierzu den Artikel Draculas Erben: Blutdoping im Sport hier im Portal.

Evi Sachenbacher-Stehle und ihr Trainer Jochen Beele haben glaubhaft und nachvollziehbar verischert, dass keinerlei unerlaubte Substanzen eingenommen wurden. Warum man der Langläuferin keine Ausnahmeregelung geben will, scheint mir angesichts ähnlicher Fälle, wo diese gewährt wurden, nicht nachvollziehbar. Den Dopingtest kann und sollte man natürlich trotzdem durchführen: Im Falle eines positiven Befunds könnte man dann eine Sperre aussprechen und eine evtl. gewonnene Medaille aberkennen.

Eine Anhörung vor dem Sportgericht am 11. Februar war zur Überprüfung des Falls angesetzt. Die Sperre wurde bestätigt, Evi Sachenbacher-Stehle darf am Sonntag beim Rennen nicht starten.

 

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