>
Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

 

Links oder rechts aus der Sicht der Moleküle [Teil 2]

von Prof. Oliver Reiser

Kein Ausdruck politischer Gesinnung, sondern lebenswichtiges Prinzip ist das Auftreten von biologisch wichtigen Molekülen in links- oder rechtshändiger Form.

 

< < < ZURÜCK zum ersten Teil

 

Orangen und Zitronen - Spiegelbilder der Natur

Alle Rezeptoren, das heißt die Moleküle, die für Funktionen im menschlichen Körper verantwortlich sind, sind chiral. Darüber hinaus kommen sie nur in einer Form, also in der Bild- und nicht in der Spiegelbildform, vor. Daher ist es ganz und gar nicht egal, ob ein Rezeptor mit einem Molekül in seiner Bild- oder Spiegelbildform wechselwirkt, vergleichbar mit der Situation, in der eine rechte Hand (Rezeptor) einen linken oder einen rechten Handschuh (wechselwirkendes Molekül) anzieht. Ein harmloses Beispiel sind die Duftstoffe der Orangen und Zitronen, die zueinander spiegelbildlich sind. Unsere Rezeptoren in Nase und Mund können am Geschmack deutlich zwischen einer Orange und einer Zitrone unterscheiden.

Contergan - eine spiegelbildliche Tragödie

Ende der 1950er Jahre wurde in einer für ein Arzneimittel beispiellosen Werbekampagne Contergan (Thalidomide) als vollkommen sicheres und nebenwirkungsfreies Beruhigungs- und Schlafmittel angepriesen (Abbildung rechts, zur Vergrößerung anklicken). Es galt als so harmlos, dass es auch Frauen während der Schwangerschaft gegen Morgenübelkeit empfohlen wurde. Was damals nicht klar erkannt worden war: Contergan war als Gemisch aus seinem Bild und Spiegelbild verkauft worden. Während das Bild in der Tat als harmloses Schlafmittel wirkt, bewirkt das Spiegelbild in ungeborenen Föten schwere Missbildungen. Verkürzte Gliedmaßen (Robbengliedrigkeit) waren bei etwa 10.000 Menschen, die zwischen 1958 und 1962 geboren wurden, die Folge.

> > > WEITER zum dritten Teil: Chiralität - Beweis für die Existenz der göttlichen Schöpfung?

 

Artikel zum Thema:
Nobelpreis 2001